Stadt

Haushaltsplanentwurf 2025 in Rat eingebracht

Haushaltsrede von Bürgermeister Hendrik Henneböhl zur Ratssitzung am 21.11.2024

„Geschätzte Mitglieder des Rates der Stadt Erwitte,

Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung Erwitte,

Zuhörerinnen und Zuhörer,

 

gemeinsam mit dem Kämmerer Sven Hoppe darf ich den Haushaltsplan 2025 für unsere Heimatstadt einbringen und dem Rat zur Beratung übergeben. Es ist der fünfte Haushaltsplanentwurf, den ich als Bürgermeister dieser Stadt diesem Gremium zur Beratung übergeben darf.

Es war noch nie ein Jahr dabei, wo wir unter normalen und nicht krisengeprägten Vorzeichen die Einbringung und Beratung vollziehen. Corona, Krieg in Europa, Energiepreisschock und Inflation, Flüchtlingskrise und massive wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Verwerfungen prägten die letzten fast genau vier Jahre der laufenden Wahlperiode.

Tatsächlich habe ich aber jeden Haushalt mit einem Gefühl einer durchaus angemessenen Zukunftssicherheit der städtischen Finanzen hier einbringen können. Trotz aller Verwerfungen haben wir gemeinsam gut gewirtschaftet, auf gute Gewerbesteuererträge bauen und uns ein Polster in der Ausgleichsrücklage von über 21 Mio. Euro bis Ende 2024 anfüttern können. Der Kernhaushalt der Stadt konnte erfolgreich entschuldet werden und dies wurde ohne eine Steuererhöhung in nunmehr zehn Jahren erreicht.

Gleichzeitig haben wir wichtige Infrastrukturprojekte umgesetzt, begonnen oder angestoßen. Wir investieren auf Rekordniveau in die Kerninfrastruktur unserer Stadt und stimulieren damit auch wichtige privatwirtschaftliche Investitionen in den Standort Erwitte. Tatsächlich würde ich, trotz der Rekordinvestitionen in unsere Infrastruktur und auch diverser Kostensteigerungen im städtischen Haushalt, mit dem reinen Blick auf die Zahlen der Stadt Erwitte sagen, dass wir sehr gesund aufgestellt waren und sind. Selbst ein Rückgang der Gewerbesteuer von einem Allzeithoch in 2022 und 2023 auf rund 18 Mio. Euro in 2024 würde mir und auch dem Kämmerer nicht die Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Dies ist allerdings der erste Haushalt, den ich als Bürgermeister einbringen muss, in dem mir mit Blick auf die mittelfristige Finanzsituation der Stadt Erwitte bis zum Jahr 2028 tatsächlich die Fantasie fehlt, wie es finanziell weitergeht.

Der Haushaltsplanentwurf sieht vor, dass bis Ende 2028 von der Ausgleichsrücklage nichts mehr vorhanden ist. Die Liquidität wird schon vorher dahinschmelzen und ab voraussichtlich 2025 eine erneute Schuldenaufnahmen im Kernhaushalt zur Folge haben. 

Jetzt könnte man meinen, dass die wirtschaftliche Entwicklung, hohe freiwillige Aufgaben und fehlende Gewerbesteuereinnahmen sowie die Investitionen und Maßnahmen der Stadt uns in diese Situation führen. Rechnen Sie bitte alle nach: Das ist eine Fehlannahme. 

Selbst wenn die Stadt Erwitte weiterhin auf Gewerbesteuereinnahmen wie in 2023 bauen könnte, wir beispielsweise Zuschüsse für diverse freiwillige Maßnahmen streichen, mehrere Stellen streichen und die Investitionstätigkeit um mehrere Millionen Euro reduzieren würden, könnten wir das Jahresergebnis 2025 nur um rund 4,5 Mio. Euro verbessern. Das Defizit liegt im laufenden Jahr, trotz Verbesserungen durch eine sparsame Haushaltsführung, aber bei rund 7 Mio. Euro.

Wir haben durch eine intensive Schrumpfkur mit allen Produktverantwortlichen in vielen Stunden über 1 Mio. Euro aus dem Planwerk an Verbesserungen herausgeholt. Dennoch liegt auch der Haushaltsplan 2025 bei einem Defizit von rund 6,5 Mio. Euro. Wie kann es also sein, dass selbst eine so steuer- und wirtschaftsstarke Stadt wie Erwitte unter Nutzung aller Optionen sowie nach vielen Jahren der Haushaltssicherung nicht schafft eine zukunftssichere Finanzplanung aufzustellen? 

Die Antwort ist recht einfach: Nein, liebe Kollegen und sie heißt nicht einfach nur Kreis Soest oder LWL. Dies wäre zumindest in Teilen zu kurz gesprungen. Ja, natürlich sind es die Umlageverbände, welche auch unseren Haushalt in die Knie zwingen und die ich zur Zurückhaltung und Standardreduzierung ermahne. Die Masse der Umlagebelastung rührt aus einem einfachen Umstand her, dass das System der Finanzierung der Kommunen, gerade in NRW, vor dem Kollaps steht. Während die Kommunen rund immer mehr staatliche Aufgaben für die Bürger leisten, erhalten sie hierfür eine deutlich zu geringe finanzielle Ausstattung.

Gleichzeitig wälzt man aber eine Wohltat nach der anderen auf dem Rücken der Kommunen ab. Die Musik, die seitens Berlins und Düsseldorf bestellt wird, wird in einem so eklatanten Maß nicht mehr von dort bezahlt, so dass sie die Kommunen erdrückt. Anstatt sich die Frage nach Standardsenkungen zu stellen, baut man in wuchtigen Versprechungen die Standards immer weiter aus. Der Rechtsanspruch für die OGS ist nur ein Beispiel hierfür: von Bund und Ländern beschlossen. Wir erhalten rund 620.000 Euro Förderung, die Investitionskosten liegen aber bei über 3,5 Mio. Euro.

Große Teile der Soziallasten im Bereich der Jugendhilfe, der Sozialhilfe, im Asylbereich, der Hilfe zur Pflege, der Kosten der Unterkunft, Integrationshilfe, der Eingliederungshilfe und vieler anderer Leistungen wird durch die Kommunen finanziert und erdrücken alle Kommunen. Die Gesetze dafür stammen allerdings alle aus Berlin oder Düsseldorf. Die Entwicklung, die wir hier sehen, zeigt aus meiner Sicht eines deutlich auf: Hier ist etwas aus dem Ruder gelaufen. 

Der kommunalgetragene Sozialtransfer und die Verteilungswünsche der hohen Politik, welche auf die Kommunen umgelegt wird, haben die Leistungskraft der Wirtschaft und die Leistungsbereitschaft der Steuerzahler überschritten. Schaffen wir in den nächsten zwei Jahren keinen grundlegenden Kursschwenk in Bezug auf diese aufgezeigte Problematik, fahren wir laut aktueller Umfrage aller Kommunen in NRW vor eine finanzielle Betonwand. Das ist nicht die Einzelmeinung von mir, sondern Ergebnis der Befragung von fast 400 Kommunen in NRW.

Meine Damen und Herren, trotz dieser extrem schweren finanziellen Rahmenbedingungen, wollen wir auch im Haushalt 2025 möglichst keine neuen Schulden im Kernhaushalt machen und bleiben bei einer Aufkommensneutralität und damit keiner durch kommunale Anpassungen hervorgerufenen Steuererhöhung bei der Grundsteuer im Stadtgebiet Erwitte. Es gibt in diesem Land nur wenige Kommunen die dies leisten können.

Gleichzeitig setzen wir unsere Investitionen in die wichtigsten Zukunftsfelder unserer Stadt fort. Bildung, Sicherheit, Wirtschaft und öffentliche Infrastruktur sind unsere Topinvestitionsbereiche. 

Insbesondere mit den Investitionen in das Industriequartier Erwitte-Süd und eine Erweiterung des Gewerbegebiets Erwitte-Nord, wollen wir den Wirtschaftsstandort Erwitte stärken und entwickeln.

Auch die Schwerpunktinvestitionen in Schulen, Kindergärten, Sport, Feuerwehr und Katastrophenschutz wollen wir fortsetzen.

In der Masse geht es aber um den langfristigen Erhalt bzw. die Modernisierung der vorhandenen Infrastruktur. Gleichzeitig ist dieser Haushalt geprägt von Streichungen von Bedarfen der Fachdienste im Ergebnisplan, Streckungen von Maßnahmen im Investitionsplan und auch der Stellenplan im Dezember wird Maßnahmen zur Erhöhung der Verwaltungseffektivität beinhalten. Personelle und organisatorische Maßnahmen sollen zumindest zu Ersparnissen beitragen, werden aber nicht zu einem grundlegenden Turnaround führen. Gegen die Fehlentwicklung ist nicht anzusparen.

Dieser Haushalt trägt trotz der sehr dunklen Aussichten ab 2027 und 2028 viel Gutes für Erwitte in sich. Allerdings kann ich auch deutlich sagen, dass hier neben den von uns beschlossenen Projekten weder finanziell noch personell Spiel vorhanden ist. Insbesondere alle Ergebnisverschlechterungen im Rahmen der Beratungen werden automatisch zu einem Eigenkapitalverzehr ab 2028 führen, haben damit die Haushaltssicherung zur Folge und müssen durch entsprechende Einsparungen an anderer Stelle gedeckt werden. Daher mahne ich hier deutlich zur haushälterischen Zurückhaltung!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Damen und Herren,

ja, es ist schwer unter diesen schwierigen finanziellen, wirtschaftlichen, weltpolitischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein positives Ende zu finden. Aber eines haben mich vier Jahre Dauerkrise in diesem Amt gelehrt: Am dunkelsten ist die Nacht vor der Dämmerung und bisher folgte nach jeder Dämmerung ein Sonnenaufgang und ein neuer Tag. 

Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Erwitte, die uns ihr Vertrauen gegeben haben, werden wir daher auch unter diesen Rahmbedingungen gemeinsam unser Bestes für die Zukunft von Erwitte geben. Ich bin mit dem Team der Stadtverwaltung auf jeden Fall bereit, für unsere Stadt noch so einige dunkle Nächte oder auch Jahre zu überstehen und mir als junger Familienvater sicher, dass auch die Dämmerung und der Tag dann wieder kommen.

Im Namen der gesamten Belegschaft und auch persönlich darf ich mich außerdem für den stets wertschätzenden, guten und partnerschaftlichen Umgang zwischen Rat und Verwaltung bedanken. Auch das ist an Tagen wie diesen nicht überall üblich, aber aus meiner Sicht ein wichtiger Garant für das Vertrauen der Menschen in die Funktionsfähigkeit der Demokratie vor Ort und ihre Fähigkeit der Problemlösung. 

Danke für die Aufmerksamkeit und ich übergebe das Wort an den Kämmerer unserer Heimatstadt, Sven Hoppe.“

Haushaltsplanentwurf 2025 in Rat eingebracht
Haushaltsplanentwurf 2025 in Rat eingebracht