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Erwitte informiert: Grundsteuer News

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Infovideo und gemeinsame Presseerklärung der Kämmerer im Kreis Soest zur Grundsteuerreform

Rückblick: das Bundesverfassungsgericht erklärte bereits im April 2018 die Rechenmethodik der Grundsteuer für verfassungswidrig. Hauptgrund war, dass dabei auf eine Hauptfeststellung aus dem Jahr 1964 (bzw. 1935 in den Bundesländern der ehemaligen DDR) zurückgegriffen wurde. Es hat also über Jahrzehnte keine neue Wertfeststellung mehr gegeben. Die bisher verwandten Werte sind damit bereits über die lange Zeit nicht mehr realitätsgerecht und insbesondere sind die Wertverhältnisse der Grundstücke zueinander innerhalb der Städte auch nicht mehr korrekt. Das bedeutet praktisch: „Der eine zahlt zu viel, der andere zu wenig!“ Damit gaben die Verfassungsrichter dem Bundesgesetzgeber auf, binnen einer Frist bis 2025 das Grundsteuergesetz samt Rechenmodell zu überarbeiten. 

Damit entstand in der Bundesrepublik ein fachlicher und politischer Diskurs um die Neuausrichtung des Bewertungsrechts, welcher in einer sogenannten „Länderöffnungsklausel“ mündete und zu abweichenden Rechenmodellen verschiedener Bundesländer führte (z.B. Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen). In Nordrhein-Westfalen entschied sich die Landesregierung im Mai 2021 für das sogenannte Bundesmodell.

Damit begann die Finanzverwaltung von allen Grundbesitzern Steuererklärungen bezüglich. ihrer Häuser und Grundstücke anzufordern. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Reform führten dazu, dass der Wert von Grundstücken durch die Finanzämter neu ermittelt wurde und den rund 6,5 Mio. NRW-Grundbesitzern aktuelle Messbetragsbescheide nach dem neuen Recht und neuem Rechenmodell zugestellt wurden. Die Neubewertung führte nicht überall zur Akzeptanz, landesweit wurden gegen etwa 1,5 Mio. Bescheide der Finanzämter Widersprüche erhoben. 

Derzeit läuft die Übergabe dieser Daten aus den Messbetragsbescheiden von den Finanzämtern an die Rathäuser der Städte und Gemeinden, welche dann zum 01.01.2025 den Bürgerinnen und Bürgern auf Basis dieser neuen Grundlagen die Grundsteuerbescheide zustellen werden. Dabei multiplizieren kommunalen Steuerämter den vom Finanzamt erhaltenen Grundsteuermessbetrag für das jeweilige Grundstück mit dem jeweiligen gemeindlichen Grundsteuerhebesatz gemäß örtlicher Satzung. Der so ermittelte Grundsteuerzahlbetrag wird dann von den Grundeigentümern eingefordert.

Im Zuge der Grundsteuerreform ist Konsens, dass die Höhe der Grundsteuereinnahmen der Kommune bei dieser Reform insgesamt gleichbleiben soll – dies wird als „Aufkommensneutralität“ bezeichnet.  Die Städte und Gemeinden im Kreis Soest werden dabei die Hebesätze für Wohn- und Gewerbeimmobilien anheben müssen. Dies ist die Einschätzung der betroffenen Kämmerer, nachdem das Finanzministerium des Landes NRW am Mittwoch, 19. Juni 2024, die neuen Eckwerte für die Grundsteuer an alle Kommunen im Land verschickt hat. So müsste in Erwitte der seit 2016 bestehende Hebesatz von bisher 519 v.H. künftig auf 702 v.H. angehoben werden, wie das Finanzministerium des Landes NRW mitteilt, um im städtischen Haushalt „neutrale“ Steuereinahmen vergleichbar der Vorjahre zu generieren. 

„Diese mit Spannung erwarteten ersten Zahlen des Landes werden nun zunächst in allen Kämmereien der Städte und Gemeinden geprüft“, so Sven Hoppe als Sprecher der Kämmerer der Kommunen im Kreis Soest. 

Durch die Reform verändert sich voraussichtlich für sehr viele Grundeigentümer ihr jeweiliger Grundsteuerbetrag. Entsprechend der Urteilsbegründung der Verfassungsrichter werden einige weniger bezahlen, andere mehr. Sollte der von der Finanzverwaltung mitgeteilte Messbetrag für das eigene Grundstück also geringer sein, als bisher, kann es auch zu einer Verringerung der an die Gemeinde abzuführenden Grundsteuer kommen. „Die individuellen Bescheide jedes einzelnen Steuerpflichtigen werden im Januar 2025 trotz der allgemeinen Aufkommensneutralität absehbar anders ausfallen, als bisher auf der seit 1964 veralteten Bemessungsbasis“, erläutert Sven Hoppe.

Landesweit zeichnet sich in NRW dabei schon seit langem eine sog. Lastenverschiebung ab. Hintergrund ist, dass Wohngrundstücke in den letzten rund 60 Jahren einen deutlich höheren Wertzuwachs erlebt haben, als sog. „Nicht-Wohn-Grundstücke“. Trotz der Aufkommensneutralität werden die Grundsteuerzahlbeträge für Wohnimmobilien deshalb allgemein steigen, die von Gewerbeimmobilien hingegen eher sinken.

Die NRW-Landesregierung plant den Kommunen deshalb zu ermöglichen, künftig bei der Grundsteuer B differenzierte Hebesätze für Wohnimmobilien und für Gewerbeimmobilien festzulegen. Dadurch sollen nach Ansicht des Landes die Auswirkungen der Reform unter den Grundstücksarten ausgeglichen werden. Das NRW-Finanzministerium hat ebenfalls berechnet, welche differenzierten Hebesätze in den jeweiligen Kommunen gelten müssten. und den Kommunen die entsprechenden Zahlen mitgeteilt. Diese eher fiktiven Zahlen entbehren jedoch noch einer gesetzlichen Grundlage. Das Gesetzesvorhaben löst aktuell eine heftige politische Debatte im Landtag NRW aus. Ferner wird es von zahlreichen Interessensverbänden, darunter auch vom Städte- und Gemeindebund, strikt abgelehnt. Juristische Schritte gegen das Gesetz sind bereits angekündigt. Eine solche Differenzierung würde auch in den Kommunen zu erheblichen Diskussionen führen.

Die Kommunen im Kreis Soest bekräftigen vor diesem Hintergrund einhellig die Kritik der kommunalen Spitzenverbände in NRW am Vorgehen der Landesregierung. Das Land hat schon sehr frühzeitige Hinweise bzgl. der Lastenverschiebung erhalten und hätte eine landesweit geltende Steuerung schon im Rechenmodell vornehmen können, anstatt diese Thematik nun auf jede Kommune einzeln abzuschieben. Darüber hinaus schaffe die Regelung ein Einfallstor für Rechtsstreitigkeiten in den Kommunen und bei den Verwaltungsgerichten. 

Der Kämmerer der Stadt Erwitte, Sven Hoppe, verweist auf die Bedeutung:

„Die Grundsteuer ist eine elementare Einnahme jeder Kommune.“ 

Diese juristischen Wagnissen auszusetzen und über Jahre nur unter Vorbehalt bescheiden zu können sei jedenfalls keine gangbare Option, so Hoppe abschließend.

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