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1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten

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Haushaltsausschuss des Bundestages bewilligt Förderbaustein aus Bundesprogramm „KulturInvest“. Umfassende Sanierung und Attraktivierung geplant

Der Verkehrsverein für Bad Westernkotten und die Stadt Erwitte e.V. hat gemeinsam mit der Stadt Erwitte auf Basis eines umfassenden Sanierungskonzeptes seitens des beauftragten Architekturbüros Groger Grund Schmidt (GGS) aus Kassel im Juni dieses Jahres einen Antrag auf Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Kulturinvest“ gestellt. Nach eingehender fachlicher Vorprüfung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) in Berlin hat nun der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages die beantragte Fördersumme in Höhe von 1,8 Mio. Euro voll bewilligt.

Das Gradierwerk I in Bad Westernkotten wurde 1835 erbaut und ist mit 120 Metern eines der längsten Gradierwerke in Nordrhein-Westfalen. Seit 1984 ist es als Baudenkmal eingestuft. Neben der rehabilitativen und touristischen Funktion hat dieses Baudenkmal somit auch eine über Bad Westernkotten hinausreichende, bundesweite Bedeutung als Erinnerungsort der Sozial- und Technikgeschichte, da hier eine vorindustrielle Salzgewinnung mit allen Sinnen erlebbar wird.

Aufgrund der über 175-jährigen Geschichte des Bauwerks ist bereits seit geraumer Zeit eine umfassende Sanierung zum Erhalt dieses Baudenkmals notwendig. Die Pfähle des Holzbauwerkes müssen gesichert und der Schwarzdornreisig ausgetauscht werden, da der Salzeintrag der fluiden Soleflüsse dies erforderlich macht. Auch die allgemeine Witterung hat dem Bauwerk zugesetzt.

Das Gradierwerk I soll nun im Rahmen einer umfassenden, nachhaltigen Attraktivierung und Sanierung als öffentlich zugänglicher Bildungs- und Erlebnisort aufgearbeitet und erhalten werden, indem dort die regionale Geschichte der Solegewinnung im Heilbad für unterschiedliche Zielgruppen präsentiert wird. Neben der kurativen Nutzung soll durch die Aufarbeitungsmaßnahme eine allgemein zugängliche Begehbarkeit für Besucherinnen und Besucher geschaffen werden, die das Gradierwerk als herausragendes Zeugnis in Nordrhein-Westfalen darstellt.

Das Gesamtensemble der Bauwerke im Kurpark von Bad Westernkotten, bestehend aus dem hier exponierten Gradierwerk I sowie dem Gradierwerk II und der Westernkottener Warte mit der Solequelle, wurde bereits ergänzt durch ein Schausiedehaus, welches kurz vor der Fertigstellung steht. Eine didaktische wie landschaftsarchitektonische Verbindung aller Bauwerke durch den zu schaffenden „GradierWeg“ mit interaktiven Schautafeln wird somit auf eine umfassende Weise die Kunst der Solegewinnung und des Salzsiedens präsentieren und ermöglicht so unterschiedlichsten Zielgruppen als außerschulischer Lernort die sozialhistorische Bedeutung der Solequellen weit über den Kurort hinaus.

Eine neu zu schaffende Veranstaltungsfläche dient im Sinne einer „Agora“ als ganzjähriger und barrierefreier Treffpunkt für touristische und kulturelle Events, aber auch als grünes Klassenzimmer und außerschulischer Lernort. Nach Abschluss aller Baumaßnahmen soll das direkte Umfeld durch Salzgärten landschaftsarchitektonisch aufgewertet werden. Sole schmecken, fühlen, riechen, sehen und ihre Geschichte verstehen: Das Gradierwerk I wird auf diese Weise mit allen Sinnen erlebbar.

Mit der Bewilligung dieser hohen Fördersumme aus dem Bundesprogramm steht nun eine maßgebliche Säule im Finanzierungskonzept des Vorhabens. Die Stadt Erwitte hat darüber hinaus eine weitere erhebliche Summe im Rahmen des Landesförderprogramms „Heimat-Zeugnis NRW“ beantragt und trägt mit 167.000 Euro auch mit Eigenmitteln zur Umsetzung bei. Der Rat hatte dieses vor der Sommerpause beschlossen. Zusätzlich wurden Anträge bei der NRW-Stiftung gestellt. Eine weitere Summe in Höhe von 100.000 Euro wurde bereits durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bewilligt.

Bürgermeister Hendrik Henneböhl begrüßte die positive Nachricht aus Berlin – nach der Förderzusage aus dem Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ für die Neugestaltung des Erwitter Schlossparks bereits die zweite gute Nachricht aus der Hauptstadt:

„Die Förderung des jahrhundertalten Gradierwerks I ist nicht nur in dieser finanziellen Höhe ein unglaublicher Gewinn für unsere Stadt und seinen Kurort Bad Westernkotten, sondern erhält damit auch ein herausragendes Wahrzeichen für Einwohner, Tagestouristen und Kurgäste sowie für zukünftige Generationen!“

Mike Bernasco als Geschäftsführer des Verkehrsevereins Bad Westernkotten und künftigen Heilbad Westernkotten GmbH betonte die wirtschaftliche Bedeutung für die Attraktivität von Bad Westernkotten:

„Diese Nachricht symbolisiert die Aufbruchstimmung in Bad Westernkotten. Wir investieren in die Modernisierung des Kurortes für die Menschen die hier leben, die Reha-Gäste und den Tourismus. Wir führen das Gradierwerk Bad Westernkotten in die Zukunft, sichern die Geschichte und den Erhalt unseres Heilmittels Sole. Bad Westernkotten wird dadurch noch bekannter als Gesundheits- und Erholungsort an dem Sole und Moor erlebbar sind!“

Bad Westernkottens Ortsvorsteher und Vorsitzender des Verkehrsvereins Franz Josef Schütte bestätigt und betont zugleich die Bedeutung des großen bürgerschaftlichen Engagements:

„Das ist auch der verdiente Lohn für die enormen Vorleistungen des starken Ehrenamtes der Menschen in Bad Westernkotten – allen voran der frühere Gradierwerkeverein und jetzt neu gegründete Verein Saline Westernkotten!“

Bürgermeister Henneböhl, Geschäftsführer Bernasco und Ortsvorsteher Schütte bedanken sich insbesondere für die überparteiliche Unterstützung aus der Landes- und Bundespolitik, die das Projekt aktiv begleitet hat. Namentlich seien hier die Bundestagsabgeordneten Wolfgang Hellmich (SPD) und Hans-Jürgen Thies (CDU) sowie der örtliche Landtagsabgeordnete Jörg Blöming (CDU) zu nennen. Die Drei richteten ihren Dank insbesondere aber auch an den Bundestagsabgeordneten Otto Fricke (FDP), der sich gemeinsam mit MdL Christof Rasche (FDP) für das Projekt eingesetzt hat.                     

Das ambitionierte Projekt soll nach Vorliegen aller Förderbescheide und mit Blick auf die Witterung ab dem Frühjahr 2024 stufenweise umgesetzt werden und bis Ende 2025 fertiggestellt werden. Hierzu wird zunächste behutsam das Bauwerk entkernt und der Schwarzdorn herausgenommen, um dann sukzessive Statik und tragende Teile zu sichern. In den weiteren Bauphasen werden zwei Durchgänge errichtet und abschnittweise neuer Schwarzdornreisig eingebaut. Das Gradierwerk I bekommt ein Dach, welches zum einen das Bauwerk besser vor Regenwasser schützen und zum anderen mit einer Photovoltaikanlage bestückt werden soll.

Mit dem neu gegründeten Saline Westernkotten e.V. wird das „Schausieden“ in dem sanierten und attraktivierten Gradierwerk I ein Ankerpunkt im geplanten städtischen Gesamtkonzept eines „Grünblauen Ring“ und darüber hinaus als erlebbares, zukunftsfähiges Denkmal eine überregionale Strahlkraft für Besucher, Touristen und Kurgäste entwickeln.

 


Hintergrund: Zur Geschichte des Kurortes und des Gradiererwerkes

„Das altbewährte Heilbad in ländlicher Stille am Hellweg”, wie es im Deutschen Bäderkalender von 1958 vorgestellt wird, gehört seit 1975 als Ortsteil zur benachbarten Stadt Erwitte. Westernkotten ist seit tausend Jahren mit dem Salz eng verbunden. 1958 erhielt der Ort den Titel „Bad“ verliehen. 1975 erfolgte die Ausweisung als „Staatlich anerkanntes Heilbad“. Die Einführung der Gradierwerke war eine Revolution, denn dieses Verfahren reduzierte den Energiebedarf bei der Salzgewinnung deutlich. Das Gradieren, das Verdunsten des Wassers mittels Sonne und Wind beim Herabrieseln der Sole an den Schwarzdornzweigen, steigerte den Salzgehalt von 7,5% auf etwa 25 bis 30%. Unter dem Wort “gradieren” versteht man in seiner Wortherkunft das allmähliche (gradweise) Verdichten von Salzlösungen. Das Gradierwerk ist die technische Anlage dafür.

Nach der Erbohrung der Solequelle 1 wurde 1845 das erste der beiden im heutigen Kurpark stehenden Gradierwerke erbaut, das sogenannte Gradierwerk I. Es ist 120 Meter lang und 12,25 Meter hoch. Das zweite, 58 Meter lange und 13 Meter hohe Gradierwerk II wurde 1932 fertiggestellt. Heute gelten diese beiden Denkmale als Zeugnisse der frühen Industrie im Hellwegraum. Die Tradition des Siedens lebt in Bad Westernkotten alljährlich beim Siederfest im Kurpark auf, bei dem der Verein der Heimatfreunde die Salzproduktion über dem offenen Feuer anschaulich demonstriert.

 


Hintergrund Bundesförderprogramm KulturInvest 2023

Mit dem Förderprogramm KulturInvest beabsichtigt der Bund, seine nationale Verantwortung für die Kulturentwicklung in Deutschland wahrzunehmen. Dazu sollen investive Maßnahmen (u.a. Modernisierung, Sanierung, Restaurierung, Um- oder Neubau) bei kulturellen Einrichtungen, Objekten und Kulturdenkmälern sowie Ausstellungen von gesamtstaatlicher Relevanz gefördert werden. Das Vorhaben muss dabei zum Ziel haben, die Kultur für eine breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine kommerzielle Nutzung darf nicht im Vordergrund stehen.

Das für eine Bundesförderung notwendige erhebliche Bundesinteresse kann sich etwa aus der Würdigung eines Objektes als national bedeutsames Kulturdenkmal ableiten oder aus der Nutzung mit eindeutig überregionalem oder modellhaftem Charakter ergeben.

1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Ansicht aus Nordwesten (Animation GGS Architekten Kassel)
1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Ansicht aus Südwesten; Querung mit Sonnenterrasse (Animation GGS Architekten Kassel)
1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Ansicht aus Südosten mit Salzgärten (Animation GGS Architekten Kassel)
1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Veranstaltungsfläche mit Schausiedehaus (Animation GGS Architekten Kassel)
1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Salzgärten (Animation GGS Architekten Kassel)
1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Salzgärten (Animation GGS Architekten Kassel
1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Südliche Querung (Animation GGS Architekten Kassel)
1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Nördliche Querung (Animation GGS Architekten Kassel)
1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Vogelperspektive mit Querungen, Salzgärten und Veranstaltungsfläche (Animation GGS Architekten Kassel)
1,8 Mio. Euro Bundesfördermittel zur Sanierung des Gradierwerk I in Bad Westernkotten
Historische Postkarte aus Bad Westernkotten