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Kaufvertrag für Seibel und Söhne-Gelände unterzeichnet

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Stadt erwirbt Gelände des ehemaligen Zementwerkes Seibel und Söhne. Flächenentwicklung für Neunutzung durch lokale Wirtschaft nach Abriss geplant. Industriequartier Erwitte-Süd entsteht

Nachdem der Regionalrat für den Regierungsbezirk Arnsberg dem Projekt in seiner Sitzung am 30. März 2023 zugestimmt hat, erfolgte jetzt die Unterzeichnung des Vertrages mit Dyckerhoff. Der Verwaltungsvorstand um Bürgermeister Hendrik Henneböhl, Fachbereichsleiter Ralf Linnebur und Stadtkämmerer Sven Hoppe konnte den Grundstückskaufvertrag mit den Vertretern von Dyckerhoff, Norbert Schultz als Leiter des Geschäftsbereichs Zement Deutschland / Westeuropa und Werksgruppenleiter Franz-Josef Barton final besiegeln. Damit nahm das Projekt keine zwanzig Tage nach dem Beschluss des Regionalrates die nächste Hürde.

Damit können der Abbruchantrag und die Stilllegungsanzeigen nach Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) fristgerecht gestellt werden. Sobald die Abrissgenehmigung des Kreises Soest vorliegt, werden die Arbeiten am Gelände beginnen. Aktuell geht Dyckerhoff von Juni 2023 aus. Die Bauleitplanung soll im September 2023 in die Beratung zur Offenlegung gehen und bis Ende 2023 abgeschlossen sein.

Aktuell erfolgt die Feinabstimmung für die Kanal-, Verkehrs- und Bahnanabindung des Geländes. Der unterzeichnete Vertrag sieht eine Übergabe des beräumten und hergerichteten Geländes bis Ende 2024 durch Dyckerhoff an die Stadt Erwitte vor. Direkt im Anschluss erfolgt die Weiterveräußerung der neuen Industrieflächen im Süden von Erwitte, so der gemeinsame Zeitplan von Dyckerhoff und der Stadt Erwitte.

Bürgermeister Hendrik Henneböhl wies auf die Nachhaltigkeit der Flächenreaktivierung hin und betonte den wirtschaftlichen, aber auch ökologischen Wert für die Stadt:

„Diese Neuentwicklung entlastet den enormen Gewerbeflächenbedarf, ohne neue Flächen zu versiegeln. Ich bin überzeugt, dass wir hier mit den Standort Erwitte langfristig stärken!“


Zum Hintergrund: Flächennachnutzung des ehemaligen Zementwerkes Seibel und Söhne

Kurz nach der Übernahme der Firma Portland Zementwerke Seibel und Söhne GmbH & Co. KG durch Dyckerhoff erfolgte am 09.04.2018 die Mitteilung über die Einstellung der Klinker- und Zementproduktion im Jahr 2019. Eine eingehende rechtliche Prüfung ergab schon im Jahr 2019 dass keine Rückbauverpflichtung für die Bestandsanlagen durch Firma Dyckerhoff besteht. Seitdem wurde verwaltungsseitig nach alternativen Nutzungen für das Gelände gesucht. Im Fokus standen hierbei seit 2019 die Ansiedlung einer Klärschlammmonoverbrennung und einer Spedition. Hierzu wurden zahlreiche Gespräche und Verhandlungen geführt.

Am 05.05.2020 erfolgte der einstimmige Beschluss auf die Beantragung einer Änderung des Regionalplans mit dem Ziel einer Nachnutzung des Gebiets sowie der Errichtung eines Gleisumschlagplatzes im Erwitter Süden. Im Fokus stand die Ansiedlung einer Klärschlammmonoverbrennung und eine dafür notwendige schnellere regionalplanerische Veränderung (Entfall der Zweckbindung).

Eine partielle Nutzung eines südlichen Geländeteils ohne Abriss des Gesamtanlagenbestandes wäre hiermit erfolgt. Daher erfolgte ein Antrag auf Zielabweichung für die Errichtung einer Klärschlammmonoverbrennung durch die zukünftige Betreibergesellschaft bei der Bezirksregierung Arnsberg. Das gemeindliche Einvernehmen wurde mit Beschluss vom 17. Mai 2021 nicht erteilt

Vielmehr wurde die Verwaltung am 17. Mai 2021 beauftragt, dass zwischen Stadtverwaltung und Dyckerhoff Verhandlungen zur vollständigen Übernahme des überbauten Firmengeländes des ehemaligen Zementwerks Seibel und Söhne im Zuge eines ganzheitlichen Nachnutzungskonzeptes erfolgen sollen. Auf dieser Fläche soll im Zuge der Nachnutzung ein GI-Gebiet entwickelt werden. Hierzu soll im Zuge eines Zielabweichungsverfahrens eine Entfernung der Zweckbindung „Zement“ im Regionalplan erfolgen, was Ende März auch bestätigt werden konnte. Weiterhin wurde die Stadtverwaltung durch den Rat beauftragt die Möglichkeiten einer Entfernung der Werksanlagen und den Umgang mit etwaigen Altlastenproblematiken auf dem Gelände unter möglichst wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu planen. Seither wurden verwaltungsseitig diverse Schritte zur Eröffnung einer ganzheitlichen Nachnutzung des Geländes unter größtmöglicher Bereinigung der jetzt aufstehenden Gebäude unternommen.

Ziel des Vorgehens ist es, eine möglichst kurzfristige und wirtschaftliche Übernahme des Geländes im marktfähigen Zustand zu ermöglichen. Weiterhin war es der Stadtverwaltung als geplante Käuferin der dann beräumten Flächen sehr wichtig, dass die Beräumung und Herrichtung des Geländes durch Fachbüros und Firmen mit umfangreichen Erfahrungen sowie der notwendigen Fachkunde und Leistungsfähigkeit sowie entsprechenden Einrichtungen zum Umgang mit belasteten Baumaterialien, gerade auch mit Blick auf die umwelt- und bodenfachlichen Fragestellungen des Vorhabens, erfolgt. Dies wurde durch eine Einbeziehung der Fachbehörden und entsprechende juristische Festlegungen im Grundstückskaufvertrag abgesichert.

Seit November 2021 hat die Verwaltung einen Weg gesucht, ein bereits „bereinigtes“ Gelände von Dyckerhoff zu erwerben und dieses dann wieder als GI-Gebiet an geeignete Investoren zu veräußern. Somit würde der tatsächliche planerische und technische Aufwand für die Beräumung nicht bei der Stadt Erwitte liegen, sondern dem Eigentumserwerb vorgelagert. Gleichzeitig bleibt die Gestaltungshoheit der zukünftigen Gewerbeansiedlung zu 100% bei der Stadt Erwitte, erläutert Bürgermeister Hendrik Henneböhl die Planungen:

„Wir wollen uns auf den Bereich konzentrieren, für den wir als Stadt einen gesetzlichen Auftrag haben: städtebauliche Entwicklung und Wirtschaftsförderung! Der Abriss von ehemaligen Zementwerken gehört nicht dazu“.

Dyckerhoff hat sich in entsprechenden Verhandlungsrunden für die 12 Hektar Werksgelände sowie die angrenzenden 15,7 Hektar Grün- und Verkehrsfläche für ein solches Vorgehen bereiterklärt. Außerdem wurden seitens Dyckerhoff umfangreiche Steinbruchflächen (rund 24 Hektar) als städtebauliche Kulisse etwa für einen ersten Einstieg in die Umsetzung der Erwitter Senke zu einem obligatorischen Betrag angeboten. Alle durch Dyckerhoff zu erfüllenden Rückbau-, Sicherungs- und Rekultivierungsmaßnahmen für diese Steinbruchflächen sind abgeschlossen und durch die zuständigen Fachbehörden testiert. Neben dem Kulisseneinstieg zur Erwitter Senke sind in diesem Bereich außerdem Szenarien zur Erzeugung von erneuerbaren Energien in der Flächenkulisse denkbar.

Ein auf Basis des Beschlusses des Rats aus September 2022 eingeleitetes Zielabweichungsverfahren wurde Ende März 2023 durch einen entsprechenden Beschluss des Regionalrats erfolgreich zum Abschluss gebracht. Durch Dyckerhoff wurden ein Abbruchkonzept, die Einmessung des Geländes und des Bodenprofils sowie eine umfassende Begutachtung des Geländes sowie der aufstehenden Bebauung durch ein Ingenieurbüro und eine Fachfirma erstellt und mit Blick auf die naturschutz-, bodenschutz- und wasserschutzfachlichen mit den zuständigen Fachbehörden abgestimmt, welche das Vorgehen begrüßen.


Zum Hintergrund: Abbruchkonzept und Flächenentwicklung

  • Fachgerechter Abbruch aller aufstehenden Anlagen des Zementwerks und seiner Nebenanlagen sowie Demontage auch im Erdreich liegenden Anlagenteile
  • ggf. fachgerechte Beseitigung aller Gefahrstoff und belasteten Güter gem. den dafür einschlägigen rechtlichen Vorgaben und unter fortlaufender Überwachung eines Ingenieurbüros sowie der zuständigen Fachbehörden
  • Recycling und Verkauf des gesamten Metallschrotts.
  • Einbringung der erzeugten Recyclingstoffe und Stabilisierung der Bodenauflage zur Verfüllung und Nivellierung des Geländes gem. technischer und fachbehördlicher Vorgaben für ein neues GI-Gebiet
  • direkte Vorbereitung der abwassertechnischen und verkehrlichen Erschließung des Geländes.

Die Gesamtinvestitionssumme der Stadt Erwitte liegt im siebenstelligen Bereich in den Jahren 2022 bis 2024. Erfreulich ist, dass direkt vier verbindlich ansiedlungswillige Betriebe aus der heimischen Region gefunden werden konnten, welche konkrete Flächen direkt nach der Herstellung des Geländes ansiedeln wollen und entsprechende Flächen bei der Stadt Erwitte erwerben werden. Weiterhin geht mit der Ansiedlung bzw. Verlegung von Standorten der ansiedlungswilligen Betriebe eine Entlastung des Innenstadtverkehrs einher. Diese ist insbesondere durch die Verlegung der Betriebe und die Vermeidung der bisherigen Pendelverkehre, etwa zwischen dem Erwitter Westen und dem Gewerbegebiet-Nord sowie dem Standort der Bodendeponie in Anröchte begründet. Auch von einer Belastung der Berger Straße mit Schwerverkehr ist auf Grund der analysierten Verkehrsziehungen der ansiedlungswilligen Betriebe nicht auszugehen. Insbesondere da die ansiedlungswilligen Betriebe aus der Region stammen, ist auch nicht mit großen zusätzlichen Verkehren zurechnen, sondern insbesondere mit der beschriebenen Verlagerung der Quellen- und Zielverkehre mit positiver Wirkung auf das Zentrum von Erwitte. Außerdem soll durch eine Reaktivierung des vorhandenen Gleisanschlusses des Geländes der beschriebene Effekt noch weiter erhöht werden. Nach entsprechenden Gesprächen mit der WLE erfolgte hier zwischenzeitlich eine Fachplanung zur Reaktivierung der Gleisanlagen, welche im Zuge der Herstellung des Geländes bis 2024 erfolgen soll. Alle ansiedlungswilligen Unternehmen haben eine hohe räumliche Passung.

Somit wird über diese Ansiedlungen auch eine Re-Finanzierung der grundlegenden Investition zum Erwerb der beräumten Flächen sowie notwendiger Erschließungsmaßnahmen zeitnah erfolgen und die Finanzierung des Vorhabens abgesichert. Insgesamt kann in diesem Fall von einer für die Stadt Erwitte aus finanzieller sowie volks- und betriebswirtschaftlichen Sicht sehr positiven Gesamtentwicklung gesprochen werden, insbesondere da die Erlöse aus dem Verkauf der Flächen, die Investitionskosten kurz- bis mittelfristig mindestens decken werden. Nicht monetär berechnet ist der volkswirtschaftliche Mehrwert, die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen sowie dass mit der Ansiedlung zu erwartende, erhöhte Steueraufkommen für die Stadt Erwitte. Auch aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist die Nachnutzung einer bereits versiegelten Industriefläche mit in großen Teilen brachliegenden Produktionsstätten für eine neue gewerbliche Nutzung als äußerst positiv zu bewerten. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Flächenverbrauchs und dem voraussichtlich höheren Entsiegelungsgrad der Flächenkulisse.

Kaufvertrag für Seibel und Söhne-Gelände unterzeichnet
Kaufvertrag für Seibel und Söhne-Gelände unterzeichnet (v.l.n.r.): Fachbereichsleiter Ralf Linnebur, Bürgermeister Hendrik Henneböhl, Norbert Schultz (Dyckerhoff, Leiter des Geschäftsbereichs Zement Deutschland / Westeuropa) Franz-Josef Barton (Dyckerhoff, Werksgruppenleiter)